
Die Norwegenreise nutzten wir für zwei Stationen in Dänemark. Nach dem Kurzbesuch im letzten Sommer nahmen wir uns diesmal für Aalborg ein paar Tage Zeit. Wie in Oslo lag unser Apartment nicht direkt im Zentrum, sondern in Nørresundby. In direkter Nachbarschaft ein Angels Place. Für Recht und Ordnung war also gesorgt… Geklingelt haben wir nicht, aber vielleicht bin ich auf dem Überwachungsvideo.
Die selbständige Stadt Nørresundby ist verbunden mit Aalborg über die Limfjordbrücke. Etwa 20 Minuten dauert der Fußweg über die Brücke bis zum Zentrum Aalborg. Das Stadtpanorama immer im Blick. Aalborg ist der wichtigste Hafen am Limfjord, der die Nordsee mit dem Kattegat, der See zwischen Dänemark und Schweden, verbindet. Regelmäßig wird der Straßenverkehr bei Einfahrt der Kreuzfahrtschiffe, Segler und Yachten durch die Schwenkbrücken unterbrochen.
Das Kunsten, ein Museum von Alvar und Elissa Aalto (Fertigstellung 1972), kann man in Aalborg nicht auslassen. Wie die Oper in Oslo ist das Museum eingehüllt in weißen Marmor. Zur Beschreibung der Innenräume reicht ein einziges Wort: Licht. Was die Akustik für einen Konzertsaal ist, ist das Licht für ein Kunstmuseum. Mit diesem Entwurfstitel gewann das Büro 1958 den Wettbewerb. Die Ausstellungssäle haben ein sehr gleichmäßiges Tageslicht. Das wird ohne durchgehende Lichtdecken erreicht. Lichtschaufeln, geschwungene massive Betonschalen, schütten das Licht aus den Oberlichtern über die Exponate. Mein Lieblingswerk diesmal? Die Videoinstallation Working Class Hero – A Portrait of John Lennon – 2006. 25 Fans von John Lennon wurden einzeln eingeladen, die Songs seiner ersten Solo LP a Capella aufzunehmen. Die Aufnahmen wurden später zusammengeschnitten zu einem virtuellen Chor. Diesem Chor von Bildschirmen steht man gegenüber, kann in der Installation umherwandern und jedem Sänger face to face persönlich begegnen. Eine künstlerisch fotogene Installation von Papadam auf Humus gab es danach im Museumsrestaurant.
Zwischen dem Museum und der Innenstadt liegt der Kildeparken mit dem Musikwald De Syngende Træer (Die singenden Bäumen). Dort pflanzen seit 1987 Sänger(innen) nach ihren Auftritten im Aalborg Kongres & Kultur Center Bäume. An Stelen direkt neben den Bäumen lassen sich die Stücke der Künstler abspielen.
Aalborg strahlte eine unaufgeregte, sommerlich heitere Stimmung aus mit gratis Konzerten in der Innenstadt (Sommer-Lyd), Tanzen (komogdansdanmar) und Chillen an der Hafenpromenade und Open Air Kino in der Altstadt. Überall dabei auch bei Hitze das Streetfood und die dazu passenden, geschmackvoll eingerichteten Hallen, in denen sich alle treffen. Ich habe zu dieser grenzenlosen Vorliebe eine Verdacht und auch das passende Foto dazu. Die frühkindliche Prägung geht so. Der weite geöffnete Kinderwagen wird zentral mit Kind aufgestellt, damit die Grill- und Frittiergerüche ungehindert einziehen können. Niemand kann so ein frühkindliches Erlebnis vergessen und wird dann wahrscheinlich einen Großteil seines späteren Lebens in Streetfoodhallen verbringen. Vorurteil oder Spekulation? Könnte aber auch etwas dran sein. Wir haben uns natürlich dem Spirit der Halle gebeugt. Wer will schon auffallen.
Auffällig war dann eher die Gruppe zum Junggesellinnen Abschied. Die zukünftige Braut saß irgendwann auf dem Kinderkarussell.
Die Dänen, eine große Seefahrernation. An einem späten Nachmittag rotierte mitten auf dem Fjord in Sichtweite der Promenade ein kleines Ruderboot um die eigene Achse. Drei laut grölende und diskutierende Dänen mit Bierdose schafften es offensichtlich nicht, dem Boot eine konkrete Richtung zu geben. Sie hatten die dänische Nationalflagge gehisst und als einer der Seeleute erschreckenderweise seine Hose auszog, war auch die Unterhose in Nationalfarbe. Historisch gesichert gibt es seit den Wikingern eine lange Tradition, mutig unbekannte Meere zu befahren und fremde Welten zu erobern. Die Drei waren auf dem besten Weg. Wir waren sehr froh über die rote Unterhose. Zwei weitere etwas größere und technisch besser ausgestattete Schiffe lagen am Pier. Das Kreuzfahrschiff Sirena trafen wir ein paar Tage später in Oslo wieder und die Reef Chief, eine 25 Millionen Dollar Yacht des US Amerikaners James Dicke (Vermögen 500 Millionen Dollar). Neugierig sind wir in der Regel nicht, aber die schwarz getönten Scheiben der Yacht, in die alle Touristen schauten, waren blickdicht und auf Deck ließen sich nur 3 hyperaktive Stewards blicken. Wir mussten uns also unsere Informationen aus dem Netz holen. Sehr angenehm für Kreuzfahrtsenioren, dass die Schiffe direkt hinter dem Schloss anlegen und die geführten Gruppen nur die Promenade überqueren müssen.
Nach soviel Kunst, Museen und Architektur kam auf der letzten Station der Reise die Erkenntnis, dass auch in Dänemark nicht alles Design ist. Wir brauchten etwas Erholung vom Stadtmarathon in Oslo und landeten in Asaa, einer kleinen Hafenstadt mit etwa 1000 Einwohnern an der dänischen Nordostspitze. Laut Tourismusmarketing ist Asaa ein malerisches Fischerdorf an der Ostküste Nordjütlands. Für den kleinen Hafen, die Küste und den naturnahen flachen Sandstrand entspricht das genau der Beschreibung. Der Ortskern ist allerdings eine Ansammlung von tristen Neubauten. Selbst die Gartenzwerge und Keramikhühner, die vor den Häusern in den Steingärten sitzen, schauen missmutig. Wir übernachteten auf dem örtlichen Campingplatz in einer kleinen, sehr schönen Hütte. Mir hat die Abwesenheit von guter Architektur mal ganz gut getan. Endlich entspannen. Für Familien mit kleinen Kindern ist der flache Strand ideal. Das kleine Hafenfest war sehr authentisch mit handgemachter Musik und selbstgemachten dänischen Spezialitäten. Die KI behauptet, dass Bargeld in Dänemark nicht zwingend notwendig ist. Diese unreflektierte, unverschämt uneindeutige Behauptung führte bei uns zur Katastrophe. Wir standen hungrig und bargeldlos vor den Ständen der Dorfbewohner mit ihren selbstgemachten Köstlichkeiten. Im ganzen Ort kein Bankautomat. Ich werde die KI mal fragen, warum sie das getan hat.
Die Rückreise führte uns dann nach nicht vorausgesagter Reifenpanne hinter Hamburg, die KI war schuld, mit Notrad bei 80 km/h im Sonnenuntergang durch die idyllische Lüneburger Heide zum Starkregenempfang in Hannover. Wieder zuhause.









































































