Man muss sie schon suchen, die wirklich großen Träume in deutschen Städten. Obwohl doch jeder über die notwendigen und kreativen Veränderungen im Stadtraum spricht.
Aber für den notwendigen Freiraum müssten viele der glänzenden und fahrbaren Blechkisten aus den Innenstädten verschwinden. Auch so ein scheinbar unerfüllbarer, großer Traum.
Flussbaden ist eigentlich eine alte und naheliegende Idee, die erst mit Verschmutzung der Flüsse durch die Industrialisierung aus der Mode kam. Holzkonstruktionen kombiniert mit Umkleiden sorgten für die notwendige Sicherheit und Trennung neben der natürlichen Strömung. Es gibt sie immer noch oder inzwischen wieder. In Lübeck mit langer Tradition gleich dreimal. Das Altstadtbad Krähenteich aus der Jahrhundertwende, dessen spektakuläre Holzbauten 1954 leider abgerissen wurden. Im Westen der Stadt an den Ufern der Wakenitz die Naturbäder Falkenwiese (1899) und in Sichtweite gegenüber auf der anderen Uferseite Marli (1905). Selbst durchschwommen haben wir Falkenwiese.
Den Charme der alten Holzbauten und Stege betreut ein engagierter Förderverein.
In der Schweiz hat Basel mit den Rheinbädern Breite (1898) und St. Johann (1886) eine sehenswerte historische Badetradition. Etwa um die gleiche Zeit sind die historischen Bäder in Zürich an der Limmat und ihren Seitenkanälen entstanden: Schanzengraben (1864 als Männerbad), Stadthausquai (1888 erneuert im Jugendstil als Frauenbad), Untere Letten (1909) und Obere Letten (1952 im Modernismus).
Manchmal vergisst man in unseren mit Palmen und Kunststrand geschmückten Erlebnisbädern, warum man eigentlich gekommen ist. Zum Wasser und zum Schwimmen. Im Naturbad Dargun haben wir das wiedergefunden. Eine Sprungturm Plattform und ein langer Steg. Mehr gibt es dort nicht.
Den Traum vom Schwimmen im Spreekanal habe ich auf einer beeindruckenden Führung 2018 in Berlin kennengelernt. Das Projekt startete bereits 2012 mit Gründung eines gemeinnützigen Vereins und wird seitdem mit Unterstützung des Berliner Senats und Fördergeldern durch Land und Bund vorangetrieben. Ein Kernteam des Vereins ist fest angestellt, koordiniert und plant die Aktivitäten. Ziel des Projekts ist es, den Spreekanal schwimmbar zu machen und auf einer Länge von fast 2 km ökologisch aufzuwerten. Dazu sollen Uferzonen zugänglich gestaltet und renaturiert werden.
Die Hälfte der Strecke dient als biologischer Flächenfilter mit Kiesschichten und Wasserpflanzen und entlässt das Wasser dann gesäubert in die eigentliche Schwimm- und Badestrecke. Die Funktionsweise des Filters wird aufwendig getestet, unter anderem mit Prototypen auf einem ehemaligen Lastkahn.
Viele Infos zu dem spannenden und visionären Projekt mit interessanten Veranstaltungen findet man unter www.flussbad-berlin.de
StadtTräume entstehen auch, wenn Dinge zusammentreffen, die man in dieser Kombination nicht erwartet. Dann spürt man die eigentliche kreative Kraft im StadtRaum. Etwa 4 km vom Zentrum Den Haags entfernt liegt der Stadtstrand Scheveningen. Auf dem Strand angekommen steht hat man plötzlich vor einem 40 m hohen Riesenrad, dass über die ebenso imposante 400 m lange Seebrücke zu erreichen ist.
Nach der ersten Fahrt mit beeindruckendem Meerblick und der Skyline von Den Haag in der Ferne möchte man sofort wieder hoch. Türme mit Stadtpanorama ist man gewohnt, aber die sich ständige verändernde Perspektive aus der sich langsam drehenden Gondel über der endlosen Küste ist spektakulär und ungewohnt. Wem das nicht reicht, kann vom Bungy Turm am Ende der Seebrücke springen.
Die Dresdner Neustadt liegt gegenüber der Altstadt auf der anderen Elbseite und ist die wohltuende Alternative. Frei von Investoren Historismus oder Bus Tourismus gehört zu einer Alternative natürlich auch ein alternatives Zentrum. Das Kulturzentrum Scheune mit Cafe ist der Ankerplatz im Viertel. Hier wird seit 1998 jedes Jahr der Schaubuden Sommer veranstaltet. Ein Festival mit Musik und Kleinkunst. Das traumhafte daran ist die Atmosphäre unter den farbigen Lampions und luftigen Textilfiguren, die über den Buden und Zelten schweben – www.schaubudensommer.de.
Nicht weit entfernt in der Villa Augustin am Albertplatz findet man das Kästner Museum. Erich Kästner wurde in Dresden geboren und war in der Villa seines Onkels Franz Augustin oft zu Besuch. Als Junge saß er nach eigener Schilderung hier oft auf der Grundstücksmauer und beobachtete das rege Treiben auf dem Albertplatz. An der Stelle des Jungen sitzt heute eine Bronzefigur auf der Mauer.
Ein für alle Bewohner Helsinkis und auch für Touristen offener LeseTraum ist die neue Bibliothek Oodi (Eröffnung 2018) im Zentrum Helsinkis direkt gegenüber dem Parlamentsgebäude. Bibliothek trifft es aber nicht wirklich. Die geschwungene Gebäudelandschaft ist ein riesiges Wohnzimmer, in dem man auf 3 Ebenen handwerken, basteln, spielen, essen, reden, zuhören, musizieren und natürlich auch lesen kann.
Vom Vorplatz fällt man hinein in die Event- und Ausstellungszone des Erdgeschosses. In den Coworking Bereichen im Zwischengeschoss gibt es ein großes Angebot für handwerkliche, analoge und digitale Aktivitäten. Räumlicher Höhepunkt ist aber das 3. Geschoss mit Büchern direkt unter dem Himmel und Panoramablick über Helsinki.
Manchmal träumt aber auch der Betrachter und vergisst in seiner architektonischen Einfalt, dass ohne die umgebende Natur, ohne Tiere und Pflanzen die Besonderheit eines Ortes nicht entstehen kann. So geschehen im Kloster Schinna (bei Stolzenau im Landkreis Nienburg/Weser). Mein wirklich erster Gedanke beim Blick auf die Holzbank war:,, Wer hat denn die Steiff-Eule auf die Lehne gesetzt?“ Das Eulenküken war echt und rollte bei der winterlichen Kälte nur mit den Augen. „Man sieht nur, was man weiß „(Goethe). Ein häufiges Problem von Architekten.
Die Eulen fühlen sich in Schinna wahrscheinlich deshalb besonders wohl, weil das ehemalige Benediktinerkloster (Gründung 1148 und Auflösung 1518) sehr abgelegen liegt und weniger im touristischen Fokus steht wie die bekannteren niedersächsischen Klöster Loccum, Lüneburg oder Wienhausen. Die bauliche Sanierung wird über die Stiftung Schinna durchgeführt und mit der Unterstützung eines Fördervereins finanziert. Hintergrundinformationen und Veranstaltungen zu der sehenswerten Anlage gibt es hier: kloster-schinna.de