Steine

Typisch für alte Ziegelbauten in ländlichen Regionen sind die sogenannten Feierabendziegel. Nach der Überlieferung hatten die Ziegler erst nach Feierabend Zeit und Muße diese verzierten, mit Inschriften, Ornamenten oder Skizzen versehenen Mauerwerks- oder Dachziegel zu fertigen.

Oft sollten die Symbole das Haus vor Unheil beschützen und wurden gesondert beauftragt. Nicht selten waren aber auch Abdrücke von Tierpfoten oder Kritzeleien von Kindern darunter. Die Skizze der Mühle liegt im Verband unter einem 300 Jahre alten Torbogen in Hameln. Mit der Industrialisierung und Ziegelmassenproduktion ab Mitte des 19. JH wurde diese Tradition von den Herstellerstempeln der Ziegeleien abgelöst. Das in den frischen Ton gedrückte Siegel der Ziegelei und die Tierpfote haben wir in Stralsund entdeckt, einem Zentrum der Backsteingotik.

Gedanken über die Kraft der Steine mag man esoterisch nennen. Es gibt aber Orte, an denen das Material, egal ob naturgeprägt oder bearbeitet, besonders spürbar wird. Ein solcher Ort ist der Raum der Stille unter dem Klostergelände Erfurt. Die Ausstellung gedenkt der zivilen Opfer, die hier während eines Bombenangriffs im Zweiten Weltkrieg ums Leben kamen.

Wie schon gesagt, ich bin eher am Wasser. Trotzdem ließen mich die Felsformationen im Elbsandsteingebirge nicht unbeeindruckt. Vielleicht weil sich die Flusslandschaft der Elbe so harmonisch einbettet. Die Wege führen oft sehr nah vorbei an den bewitterten Blöcken. Der Stein macht sich bemerkbar.

Schön ist, wenn es eine historische Idee bis in die Gegenwart schafft. Der Verein Künstlerhaus der Stadt Lauenburg an der Elbe, der das Haus ehrenamtlich und gemeinnützig führt, verkauft zur Finanzierung der Projekte und zur Sanierung des Gebäudes seit 2010 gestempelte Ziegel. Natürlich keine frisch in Ton geprägten, handgeformten Ziegel, sondern mit Farbe gestempelte Industrieklinker. Aber immerhin eine schöne Idee des Crowdfunding und eine engagierte Stadtgemeinschaft, die das historische Erbe erhalten möchte.

Künstlerhaus Lauenburg

Eine ähnliche Idee zur gemeinschaftlichen Finanzierung eines Stadtbausteines findet man in Rotterdam. In einem über zwei Jahrzehnte stadtplanerisch vernachlässigten Bereich um den ehemaligen Bahnhof Hofplein (1908 eröffnet und 2010 stillgelegt) entstand die hölzerne Fußgängerbrücke Luchtsingel. Die auffällige, gelbe und 400 m lange Konstruktion wurde 2015 eröffnet und Unterstützer konnten einzelne Holzplanken oder ganze Segmente erwerben. Die Namen der Spender sind in die Holzflächen gefräst. Meine Bilder sind aus unerklärlichen Gründen im digitalen Dschungel verschwunden. Deshalb Informationen und Impressionen im Video über den link.

Crowdfunding für eine stadtübergreifende Fußgängerbrücke [Video]